Werkstatt-Tipp: Was zeichnet Diagonal- und Radialreifen aus?

Diagonal oder radial – jeder kommerzielle Reifen lässt sich einer dieser beiden Bauarten zuordnen.
Wir blicken in unserem Werkstatttipp zurück auf die Entwicklungsgeschichte, erklären beide Konstruktionstypen und zählen ihre Vor- und Nachteile auf.

Radialreifen wurden erstmals im Jahr 1946 auf den Markt gebracht. Dank ihrer technischen Überlegenheit in vielen Bereichen hat sich dieser Reifentypus rasend schnell verbreitet und den bis dahin üblichen Diagonalreifen aus den meisten Anwendungsbereichen verdrängt.

Heute kommen auf modernen Traktoren und gezogenen Maschinen überwiegend Radialreifen zum Einsatz. In bestimmten Spezialbereichen wie etwa der Forstwirtschaft ist aufgrund der produktspezifischen Besonderheiten aber noch immer die Verwendung von Diagonalreifen sinnvoll. Diese Pioniertechnologie dominierte die Räderwelt seit ihrer Entwicklung im Jahr 1898.

Die Unterschiede zwischen Diagonal- und Radialreifen

Die älteren Diagonalreifen verfügen in ihrem Inneren über mehrere Lagen von Nylonfasern, die im Winkel von 55 Grad, also diagonal, übereinandergelegt sind. Sie bilden bauartbedingt eine recht steife Karkasse. Einerseits sind solche diagonal konstruierten Reifen sehr stabil, vertragen hohe Last und sind vor Beschädigungen gut geschützt. Ihre geringe Flexibilität erhöht jedoch den Rollwiderstand und damit den Kraftstoffverbrauch. Außerdem erwärmt sich der Reifen im Einsatz schnell.

Der erste echte Radialreifen, der Michelin 185-400 SP, kam im Jahr 1949 auf dem Markt. Das „radial“ in Radialreifen bezieht sich ebenfalls auf die Anordnung der unterschiedlichen Lagen im Reifen. Im Radialreifen verlaufen die Gewebeschichten der Karkasse senkrecht zur Laufrichtung und sind im 90-Grad-Winkel übereinandergelegt. Anders ausgedrückt: Die Fasern und Stahldrähte der Karkasse strahlen von der Mitte des Reifens nach außen. Die Radialtechnik sorgt für eine weitgehend unabhängige Arbeit von Flanke und Lauffläche, was verschiedene Vorteile verspricht. Eine solche Karkasse ist deutlich elastischer und führt zu einem besseren Kurvenverhalten des Reifen. Auch der Rollwiderstand sinkt.

BauartVorteileNachteile
Diagonal
  • Günstiger Anschaffungspreis
  • Geringe Anfälligkeit gegen Stichverletzungen
  • Hohe Eigenbewegung (Schlupf) am Boden
  • Druckspitzen in der Aufstandsfläche
  • Höherer Verschleiß
  • Geringere Zugkraft
Radial
  • Verringerung des Schlupfes am Boden
  • Keine Verschiebungen zwischen den Karkassenlagen
  • Gleichmäßige Lastverteilung in der Aufstandsfläche
  • Effektivere Zugkraft durch Laufbandrollen-Effekt
  • Reduzierter Kraftstoffverbrauch
  • Geringere Bodenverdichtung
  • Höhere Laufleistung
  • Verbesserter Fahrkomfort und Geschmeidigkeit
  • Höherer Anschaffungspreis
  • Geringere Federeigenschaften des Reifens

 

VF-Reifen sind die nächste Evolutionsstufe

Inzwischen hat sich aber auch radiale Reifentechnik weiterentwickelt. Aktuell setzen zunehmend VF-Profile neue Maßstäbe. Die Konstruktion folgt auch hier der radialen Bauweise, allerdings können diese Pneus dank weiterentwickelten Karkassentechnik bei 40 Prozent geringerem Reifenfülldruck die gleiche Last wie vergleichbare Standardreifen tragen – oder aber bei dem gleichen Reifendruck bis zu 40 Prozent mehr Last. Der neuartige Aufbau gibt VF-Reifen bei wechselnden Druckverhältnissen die notwendige Flexibilität und Stabilität und bewahrt eine sichere Traktion. In der Praxis bringt diese Reifengattung gleich doppelten Nutzen: Auf dem Acker lässt sich der Innendruck des Reifens verringern und so die Aufstandsfläche bodenschonend vergrößern. Für den Straßenverkehr lässt sich der Reifendruck hingegen spritsparend erhöhen.